Coaching - eine Lebenshilfe auch für Aerzte

Mobbing - Kommunikationsblöcke - Teamprobleme - Karriereplanung - Wettbewerbssituationen - Unsicherheit bei der Arbeit - Ueberforderung: All dies gehört zu den Problemen, mit denen wir Mediziner im täglichen Leben konfrontiert sind - und über die wir am liebsten nicht sprechen.

Das oberste Prinzip von uns Medizinern ist und bleibt, den hippokratischen Eid ernst zu nehmen und ihn zu erfüllen. Die oberste Aufgabe ist und bleibt, unseren Patienten zu helfen und uns um ihre Sorgen und Nöte zu kümmern. Wir Mediziner, die wir uns auf den steinigen Weg begeben haben, gute Aerzte zu sein, nehmen diese Grundlage ernst.

- Was aber ist, wenn wir vor lauter Sorge um andere Menschen uns selbst vergessen? Was, wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse vergessen, was leicht angesichts der Fülle der zu bewältigenden Aufgaben und der an uns gestellten Erfordernissen geschieht? Wir verspüren einen zunehmenden Druck durch die Erwartungen der Patienten, den uns drohenden belastenden Veränderungen in der Gesundheitspolitik und das Gefühl, dass wir für unsere Familie und für andere lebenswichtige Dinge immer weniger Zeit zur Verfügung haben. Viele von uns bemerken nach jahrelanger Arbeit Unzufriedenheit oder fühlen sich ausgebrannt. Eine von mir geschätzte Kollegin formulierte bezeichnenderweise die Antwort auf meine Frage, wie es ihr gehe folgendermassen: "Ich arbeite, ich esse, ich schlafe. - Ich existiere." Viele von uns kennen diese Situation. Wenn es soweit gekommen ist, drehen sich die eigenen persönlichen Gedanken im Kreise, sie können nicht mehr fliessen und keine Kreativität mehr hervorbringen.

- Wir helfen Menschen, aber wer hilft eigentlich uns? Selten haben wir in unserem Umfeld jemanden, mit dem wir sprechen können, ohne dass er uns bewertet. Wir spüren bei Gesprächen mit Kollegen, dass sich eigentlich niemand richtig öffnet. Niemand möchte über sich oder sogar über Misslungenes sprechen. An einer Schwäche oder Niederlage haftet noch immer etwas Ehrenrühriges, hierbei können wir keinen Beistand akzeptieren. Zu gross ist die Wettkampfsituation untereinander und wir haben Sorge, dass sich unser Gegenüber in einer Situation über uns erheben wird, in der wir die Stärke haben uns schwach zeigen. Jeder von uns möchte ja schliesslich als derjenige dastehen, dem alles gelingt. Noch immer befinden wir uns in der Klinikstruktur in einem Umfeld, welches von Dominanz und Macht geprägt ist. Keinesfalls wollen wir in diesem Spiel der Unterlegene sein. So erweist sich dann oft der geschätzte Kollege im Gespräch als Miesmacher.

- Was machen wir eigentlich mit unserem schlechtesten Fall? Einsam sitzen wir mit den Gedanken an diesen Fall am Abend zu Hause und hadern mit uns, ob wir nicht etwas hätten anders machen können. Niemand hilft uns ein klares Bild der Situation zu entwerfen oder bringt Verständnis für uns auf.

- Stellen wir nicht manchmal fest, dass wir mit manchen Menschen weniger gut kommunizieren können als mit anderen, aber wir wissen nicht, woran es liegt? Wir nehmen dies hin und denken uns, es wird wohl am anderen liegen, dass ein vernünftiger Austausch nicht zustande kommt.

- Gibt es nicht Situationen, in denen wir spüren, dass in der Mitarbeit mit Kollegen etwas nicht so stimmen mag, wie wir uns dies vorstellen? Situationen, in denen wir merken, dass ein Team nicht so kraftvoll und produktiv ist wie es eigentlich sein könnte? Oder, dass wir in einem Team bewusst ausgegrenzt werden? Oft bleibt uns weder die Zeit noch die Kraft darüber nachzudenken, was nun die Ursache sein könnte und wie man schneller zu besserer Zusammenarbeit gelangen könnte ohne wertvolle Energien durch Grabenkriege zu verschwenden. Wir wissen nicht, was wir an unserer Situation oder der Teamarbeit ändern können, wir machen einfach weiter, ohne zu wissen wohin unser Weg führen soll. Dies ist schliesslich bequemer. Denn sich über sich selbst Gedanken zu machen kostet kurzfristig noch mehr Zeit und Energie, und die haben wir ja nun leider nicht.

 

Veränderungen machen Angst

Coaching fängt dort an, wo Gespräche mit anderen aufhören. Der Coach ist ein unbefangener Ratgeber von aussen mit einer ehrlichen Meinung, der nicht in die interne Situation verstrickt ist. Ueberraschend oft bringt die Untersuchung der Realität eine Lösung zu Tage. Coaching ist ein Prozess gemeinsamen Suchens und Findens, es ist nicht ein Weg schneller Patentlösungen. Coachinggespräche finden im Einzelgespräch in ungezwungenem Ambiente statt oder werden bei Teamproblemen in Gruppen abgehalten. Die Dauer des Coachingprozesses ist vom Problem abhängig und wird vom Beratenen bestimmt, das heisst, dass das Coaching dann beendet ist, wenn der Betroffene seine Problematik gelöst sieht. 

Es ist bekannt, dass Angst gegenüber Coaching besteht. Angst gegenüber Coaching ist normal, weil Coaching Veränderungen schafft und Veränderungen machen Angst. Wir leiden lieber unter dem Bekannten, als vom Unbekannten zu profitieren. Um Coaching in Anspruch zu nehmen, muss somit eine ureigene normale Hemmschwelle überwunden werden. Bei anderen Berufsgruppen hat sich das Coaching bereits seit Jahren etabliert und wird genutzt ohne sich dafür schämen zu müssen.

Wir haben gelernt, in einem hierarchischen System aufzuwachsen. In kaum einem Unternehmenszweig der Wirtschaft treffen wir heute noch auf derart hierarchische Strukturen wie in der Medizin. Wir haben uns in einer langen "Sauregurkenzeit" langsam hochgearbeitet. Beispielhaft sind Sätze , wie ich sie noch während der Ausbildung aus dem Munde meines ehemaligen Oberarztes zu hören bekam: "Erst radieren wir die Assistenten vollständig aus und dann bauen wir sie ganz klein wieder auf" Nachhaltig wird das Selbstbewusstsein durch diese Art von Kleinhaltungen gestört. Ueber Jahre hinweg haben wir es dann schliesslich geschafft, eine unangreifbare Fassade um uns herum zu errichten. Diese Fassade wollen wir uns nicht mehr einreissen lassen. Darum bewerten wir jede - noch so gut gemeinte Kritik - als Angriff auf unsere Kompetenz.

Der Sinn des Coachings ist es nicht zusätzliche Aengste und Unsicherheiten zu wecken, sondern Unsicherheiten abzubauen. Denn Coaching hat nichts mit Macht, nichts mit Dominanz zu tun, sondern Coaching ist ein partnerschaftlicher Prozess zwischen gleichberechtigten Menschen unter Einhaltung gegenseitiger Wertschätzung und gegenseitigem Respekt. Beim Coaching muss man sich nicht wehren, denn es kritisiert nicht und bedroht nicht.

Bei Gesprächen im Coaching kann man loslassen ohne bewertet zu werden, und ohne dass die Kompetenz des Beratenen in Frage gestellt wird. Dadurch können unsere Potenziale genutzt werden, Kommunikationsblöcke gelöst werden und Unsicherheiten abgeschwächt werden. Gespräche im Coaching sind von Sicherheit, Vertrauen und von minimalem Druck geprägt.

Sich mit sich selbst und seinen Verhaltensweisen zu befassen braucht Mut. Mut zur Veränderung und Mut zu Neuem.

Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.

Für weitere Informationen:

Dr. med. Brigitte Leuenberger
Coaching für Aerzte
Bahnhofstrasse 94

CH-8001 Zürich

 

Tel: 01/ 720 38 41